Deutsches Theater Memel

1934 führte man programmatisch einen neuen Namen: Deutsches Theater Memel. Politisch blieb zwar alles beim Alten, aber die deutsche und die litauische Seite verfolgten ihre unterschiedlichen Interessen unvermindert, teilweise noch verbissener weiter. Der Internationale Gerichtshof in Haag wurde 1932 angerufen; 1935 gab es gegen Mitglieder von memeldeutschen Parteien einen Prozess vor dem obersten litauischen Kriegsgericht.

Es fällt ins Auge, dass die Spielpläne des Deutschen Theaters ab 1934 keine litauischen Aufführungen mehr ausweisen. Das bedeutet keineswegs, dass solche Veranstaltungen nicht stattfanden. Die Lücken in den noch vorliegenden Spielplänen, die sich auf Freitage und Samstage, teilweise auf Sonntage konzentrieren, lassen vermuten, dass hier litauische Angebote gemacht wurden. Das änderte sich mit der Spielzeit 1939/40, der ersten nach der Wiederangliederung an das Deutsche Reich, deutlich, als diese Lücken auf den in Memel traditionell spielfreien Freitag reduziert wurden.

Die Intendanz von Friedrich Wilhelm Nadolle (1934–1937) fällt nicht besonders ins Auge; dessen Nachfolger Otto Liebscher, der das Haus bis 1944 führte, legte Wert auf das klassische Schauspiel: Kleist und Shakespeare wurden besonders gepflegt; die Inszenierung von Faust I brachte es im März/April 1944 auf dreizehn Vorstellungen (der wahrscheinlich im Mai noch vier weitere folgten).