Die großen Komponisten, diejenigen, die – vielleicht erst nach ihrem Tode, dann aber dauerhaft – für ihre Stilepoche stehen und wegweisend auch in die Zukunft wirken, sind ungemein selten. Die Mehrzahl der ernsthaften Meister aus der zweiten oder dritten Reihe hat es schwer, im kollektiven Gedächtnis der Nachwelt einen Platz zu finden und zu behaupten.
Otto Besch 1920
Otto Besch (geb. 14.02.1885 Neuhausen/Ostpr.; gest. 02.05.1966 Kassel), der zu diesen zählt, hat neben seinen künstlerischen Qualitäten allerdings ein begünstigendes „Alleinstellungsmerkmal“. Dies könnte bewirken, dass Werke von seiner Hand auch künftig – wenigstens zu bestimmten Anlässen – immer wieder einmal zu Gehör gebracht werden: Er ist der letzte deutsche Komponist von Rang, der in Ostpreußen gewirkt hat. Er hat einen beträchtlichen Teil seiner Werke in Königsberg geschaffen und dabei seine Heimat ausdrücklich zum Thema gemacht.
Anmerkung: Der als Komponist bedeutendere Heinz Tiessen bleibt hier außer Betracht. Er ist zwar 1887 in Königsberg geboren und hat seine Kindheit in Bartenstein verbracht, mit dem Beginn seines Studiums Ostpreußen allerdings auf Dauer verlassen.
Der Untergang des deutsch-geprägten Ostpreußens ist, so absurd es zunächst klingen mag, eine Chance, dass der Komponist Otto Besch auch künftig gelegentlich zu hören sein wird. Sein Schicksal nach dem Zweiten Weltkrieg spricht dafür. Als Besch Königsberg 1945 verließ, konnte er nur die notwendigsten Habseligkeiten mitnehmen. Von seinen Werken rettete er lediglich die Manuskripte seiner Oper E.T.A. Hoffmann und des ersten Streichquartetts. Mit mehr als 60 Jahren musste er sich eine neue Existenz aufbauen.
Sein Nachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek enthält Programmzettel aus dem Zeitraum von 1946 bis 1965. Hinweise auf Aufführungen von Besch-Werken im Ostpreußenblatt, das sein vollständiges Archiv im Internet zugänglich hält (http://archiv.preussische-allgemeine.de), stimmen weitgehend mit Beschs privater Sammlung der Programme seiner Konzerte überein. Ein Vergleich mit anderen Quellen zeigt aber auch, dass Beschs Sammlung seiner eigenen Programmzettel nicht vollständig war.
Daraus lässt sich schließen, dass die Musik dieses ernsthaften, sensiblen und bescheidenen Komponisten ausschließlich auf Veranstaltungen mit landsmannschaftlichem Charakter oder anlässlich seines 80. Geburtstags gespielt wurde. Konzerte mit ostpreußischem bzw. ostdeutschem Schwerpunkt erinnerten immer wieder einmal an Besch; darüber hinaus ist ihm der Weg in die Konzertsäle aber nicht gelungen. Die Zukunft wird zeigen, ob sich – mehr als ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod – daran etwas ändert.
Die Umstände der Uraufführung von Beschs Advents-Kantate auf dem 60. Tonkünstlerfest des Allgemeinen Deutschen Musikvereins 1930 in Königsberg sind im ausführlichen Beitrag über dieses Fest durch einen Link zu erreichen.
Hier kann man sich näher informieren
- über Beschs Werke,
- über Beschs Nachlass.
Unbedingt muss aber auf die musikpublizistische Tätigkeit Otto Beschs hingewiesen werden, die in diesem Portal an zwei Stellen dokumentiert wird:
- in der Königsberger Allgemeinen Zeitung (Berichte über Hugo Hartungs Musikalische und Singakademie)
- in der Zeitschrift Die Musik (landesweit verbreitete Berichte über das Königsberger Musikleben)
Auf die breitere Darstellung von Otto Beschs Lebensgeschichte wird hier verzichtet, weil sie leicht zugänglich ist, etwa
- in der Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Besch),
- im musikgeschichtlichen und musikbiografischen Standardwerk Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 15, S. 748–750 (Artikel von Erwin Kroll),
- in Erwin Krolls Musikstadt Königsberg,
- in mehreren Beiträgen im Ostpreußenblatt (Online-Zugang zum Archiv s.o.).