Mehr als vierzig Jahre, nämlich von 1876 bis zu seinem Tode hat Max Brode (1850–1917) das Königsberger Musikleben nachhaltig geprägt. Man wird sich schwertun, einen Musiker zu benennen, der in diesem Zeitraum einen größeren Einfluss gehabt hätte als Brode.
Max Brode
Radierung Heinrich Wolff
(Sammlung Peter Brode)
Dies hat vor allem drei Gründe.
- Schon der zeitliche Umfang seiner Königsberger Tätigkeit zeichnet Brode vor nahezu allen seinen Kollegen aus. Andere mögen intensivere Impulse gesetzt haben: Hermann Scherchens vierjährige Tätigkeit um 1930 etwa wiegt künstlerisch schwer; allein die eng begrenzte Dauer seiner Arbeit in Königsberg beschränkt auch seine dortigen Verdienste.
- Brode kam 1876 als Konzertmeister an die Königsberger Oper. Der künstlerisch und technisch hochbefähigte Schüler Joseph Joachims musste sein Geigenspiel aber bald wegen einer Nervenentzündung in seiner linken Hand stark einschränken und verlegte sich Schritt für Schritt als Autodidakt aufs Dirigieren. Brodes Verdienst ist es, die Tradition anspruchsvoller Sinfoniekonzerte in Königsberg dauerhaft verankert zu haben. Max Staegemann, Königsberger Theaterdirektor von 1876–1879, hatte hiermit begonnen [dazu s.u. Anmerkung I] und dabei seinem Konzertmeister Max Brode bedeutende solistische Aufgaben als Geiger übertragen. Die Konzerte waren aber wegen spärlicher Nachfrage bald wieder eingestellt worden. Brode machte die „Königsberger Sinfoniekonzerte“ 1887 wieder flott; sie wurden zu einer dauerhaften Einrichtung. - In der Rückschau hat man Brode später zutreffend vorgehalten, seine Programmgestaltung sei alles in allem zu konservativ gewesen. Bruckner, Mahler oder Strauss hat er jedenfalls nicht berücksichtigt, jene Komponisten, an denen sich seit etwa 1900 in Königsberg die Gemüter erhitzten.
- Dass im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Streichquartettabende einen festen Platz in den Königsberger Musikangeboten fanden, ist ebenfalls in erster Linie Brodes Verdienst. Zwar bot die Musikhandlung Jüterbock schon seit 1772 mit den „Königsberger Künstlerkonzerten“ eine hochwertige Kammermusikreihe an, bei der gelegentlich auch erstklassige auswärtige Streichquartette auftraten. Indes fehlte eine Reihe, die sich ausschließlich dem Streichquartett widmete. Das Brode-Quartett widmete sich dieser Aufgabe mehrere Jahrzehnte. – Kurz vor 1900 kam für etwa ein Jahrzehnt mit dem Wendel-Quartett ein weiteres vorzügliches Streicherensemble hinzu.
Gettkes Theater-Almanach 1877 – S. 304
Stadttheater Königsberg – Spielzeit 1876/77
(Ältestes Dokument über Brodes Tätigkeit in Königsberg)
Daneben wirkte Brode als Professor für Geschichte und Theorie der Musik an der Albertina und bildete immer wieder begabte Geiger aus.
Auf eine selbst verfasste Lebensdarstellung Max Brodes wird hier verzichtet. Zwei andere Texte erfüllen diese Aufgabe: Siegfried Sterns Nachruf von 1918 und die persönlich gefärbte Würdigung durch seinen Enkel, Prof. Dr. Peter Brode.
Das Kapitel über Max Brode ist wie folgt untergliedert:
- Quellen
- Nachruf Siegfried Stern
- Würdigung Peter Brode
- Schüler bei Joseph Joachim
- Kritiken Königsberger Sinfoniekonzerte (1899–1902 – Ernst Otto Nodnagel)
- Kritiken Brode-Quartett (1899–1902 – Ernst Otto Nodnagel)
- Brode als Geiger, Violinlehrer und Kammermusiker
Anmerkung I: Im Oktober 1921 schrieb Ersnst Maschke für die Sparte "Musikbriefe" der Zeitschrift Signale für die musikalische Welt, dass die Königsberger Sinfoniekonerte "auf ein fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken" (Signale 42.1921, S. 992). Demnach könnte es diese Konzerte schon seit 1871 gegeben haben, also bevor Staegemann nach Königsberg kam.
Nachtrag: Es ist sehr erfreulich, dass wenige Tage, nachdem das Kapitel über Max Brode hier ins Internet gestellt wurde, vom Wikipedia-Autor Mehlauge (Pseudonym) in dieser Enzyklopädie ein Artikel über Brode veröffentlicht wurde. Der Artikel stützt sich auf Material dieses Portals und gibt auch, wie es sich gehört, die Quelle an.