Im November 1856 meldeten Signale für die musikalische Welt knapp:
Louis Köhler in Königsberg ist bei der Durchführung des Planes, in genannter Stadt eine „Musikschule für Clavierspiel und Theorie“ zu gründen (Signale 1856.552).
Dieser Zeitpunkt kennzeichnet einen bestimmten Entwicklungsstand: Köhler hatte schon vor 1850 mit seinem Klavierunterricht begonnen. Nachdem er seine Tätigkeit als zweiter Kapellmeister und Chordirigent am Stadttheater offensichtlich 1847 eingestellt hatte, legte er um 1850 auch die Leitung des Sänger-Vereins nieder und konzentrierte sich auf seine Klavierlehrer- und Kritikeraufgaben. Vermutlich wollte er damit auch seine 1850 geschlossene Ehe auf eine wirtschaftlich verlässliche Grundlage stellen.
Louis Köhler: Der Oboist
(Quelle: Kroll 1933)
Köhlers Weg als Klavierpädagoge ist allerdings ungewöhnlich und einmalig. In Königsberg machte er sich schnell einen Namen, weil sein Unterricht der Entwicklung des Klavierspiels und seiner Technik gerecht wurde. (Vgl. hierzu Köhlers Ausführungen zum Königberger Musikleben im Menü Der Kritiker → Das Königsberger Musikleben 1850 → Allgemeine Andeutungen. Unterrichtswesen).
Köhler erkannte, dass mit dem Fortschritt der Unterrichtsmethodik auch die klavierpädagogische Literatur Schritt halten müsse. Er schrieb in den folgenden drei Jahrzehnten eine schier unübersehbare Menge „instructiver“ Literatur, vor allem Etüden und Klavierschulen. Die immense weltweite Nachfrage überdauerte Köhlers Lebenszeit: Noch in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gab es immer wieder Neuauflagen seiner klavierpädagogischen Werke.
In Königsberg selbst war Köhlers Erfolg als Klavierlehrer so groß, dass er sein Angebot nach 1855 auf eine professionellere Grundlage stellte. (Das Eingangszitat beschreibt jene Phase). Stand bis dahin Einzelunterricht im Vordergrund, traten an dessen Stelle meist „Clavierzirkel“ mit gemeinsamem Unterricht, aber auch zeitigem Vorspielen vor einem größeren Zuhörerkreise. Nebenbei mag Köhler durch diese Organisationsform auch der immer steigenden Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz Rechnung getragen haben.
Köhler hat seine begabtesten Schüler zur Meisterschaft und zur Karriere als Virtuose gebracht. Allen voran Alfred Reisenauer, den Köhler als 16-Jährigen als Meisterschüler an Franz Liszt vermittelte und der zu einem der führenden Pianisten seiner Zeit wurde. (Über Alfred Reisenauer demnächst ein eigenes Kapitel). Die Königsberger Adolf Jensen und Hermann Goetz erwarben bei Köhler das Rüstzeug für ihre Karriere, die sie als Musiker später außerhalb Ostpreußens einschlugen.
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