1847 - 1. Preußisches Sängerfest: Elbing

Veröffentlichungen mit regionalem Schwerpunkt – auch diese – stehen immer in der Gefahr, die größeren Zusammenhänge, in die die lokalen eingebettet sind, über Gebühr zurücktreten zu lassen. Am Beginn des Berichts über das 1. Preußische Sängerfest in Elbing soll deshalb, weil es sich aufdrängt, eine Einordnung dieses Ereignisses in ähnliche des deutschsprachigen Raums erfolgen, wie die Neue Zeitschrift für Musik [NZfM 27.1847.144] sie gegeben hat, indem sie Sängerfeste zwischen Juni und August 1847 kommentarlos auflistete:

 

  • Ein niederschlesisches [Sängerfest] auf dem Gröditzberge, am zweiten
    Pfingstfeiertage
  • eins zu Regensburg, 25sten—27sten Juni
  • ein allgemein deutsches zu Lübeck, 26sten—29sten Juni
  • das zweite deutsch-vlämische zu Gent, 27. Juni
  • das bergische zu Lennep, 27. Juni
  • eins zu Oldenburg, 4. Juli
  • das der vereinten norddeutschen Liedertafeln zu Pyrmont, 5ten—7ten Juli
  • das der Handwerker-Vereine zu Neustadt-Eberswalde, 11ten Juli
  • das des Ilm-Sängerbundes in Helmstädt, 18ten Juli
  • das zweite des Saale-Sängerbundes zu Naumburg, 27sten und 28sten Juli
  • das dritte des Lahn-Bundes zu Weilburg, 4ten August
  • das elfte schlesische zu Land[e]shut [heute Kamienna Góra, Polen], 5ten August
  • eins zu Elbing, 8ten und 9ten August
  • das des mittelrheinischen Sängerbundes zu Coblenz, 11ten–15ten August
  • das erste niederländische zu Arnheim, 15ten August
  • das zu Freiberg, 16ten und 17ten August
  • das des thüringischen Sängerbundes bei Eisenach, 23sten und 24sten August.

    Man sieht: Das Sängerfest in Elbing war nur eines von vielen, und es gehörte keineswegs zu den frühen (in der Liste wird beispielsweise das schlesische Sängerfest in Landeshut als das elfte seiner Art genannt). Auf der anderen Seite begann die Geschichte der (ost- bzw. west-) preußischen Männergesangvereine schon viel früher. Die tragenden Vereine des ersten Preußischen Sängerfests waren die frisch gegründete Liedertafel Elbing und drei schon viele Jahre existierende Vereine: das Liederkränzchen Elbing, die Liedertafel aus Danzig und der Königsberger Sängerverein, der seinerseits frisch aus der Königsberger Liedertafel hervorgegangen war: Die älteren Vereine gingen auf die Jahre 1816 (Elbing), 1823 (Danzig) und 1824 (Königsberg) zurück.

    Zwei zeitgenössische Berichte in Musikzeitschriften sind es vor allem, denen wir heute Einzelheiten über das 1. Preußische Sängerfest entnehmen können,

    Beiden ist ein wohlwollender Grundton zu eigen: Die Gründung des Preußischen Sängerbunds und die Durchführung Preußischer Sängerfeste werden begrüßt. Beide beklagen unübersehbares Dilettantentum bei einem Teil der Musikdarbietungen und schlagen damit ein Kapitel auf, das in Louis Köhlers breit angelegter Kritik des 3. Preußischen Sängerfests 1852 in Königsberg einen ersten Höhepunkt erfahren und die lange Reihe der Sängerfeste im Bereich des Deutschen Sängerbundes mehr als ein Jahrhundert begleiten sollte.