Mit der Spielzeit 1943/44 trat die junge Sopranistin Elisabeth Rose in das Ensemble des Landestheaters Südostpreußen ein. Sie machte später eine bedeutende Karriere an der Berliner Staatsoper. Im hohen Alter hat Elisabeth Rose der Stadtgemeinschaft Allenstein in Gelsenkirchen einige Erinnerungen an ihre Allensteiner Zeit gestiftet.
Elisabeth Rose als Leonore 1943/44
(Stadtgemeinschaft Allenstein, Gelsenkirchen)
Diese Unterlagen lassen Rückschlüsse auf die Arbeitsbedingungen am Beginn der letzten Allensteiner Spielzeit zu. Dem Spielplan des Landestheaters entnimmt man, dass die Reihe der Veranstaltungen schon vor der Eröffnung der Winterspielzeit am 2. September begann.
- Da ist einmal eine Wehrmachts-Tournee zu nennen, bei der ein kleiner Teil des Allensteiner Ensembles vermutlich Städte des Bezirks Bialystok besuchte und zum Abschluss mit diesem Stück am 21. August im Treudank auftrat.
- Die Schröttersburger Zweigbühne spielte am 28. August in Allenstein Lessings Minna von Barnhelm, bevor sie mit diesem Schauspiel den eigenen Bezirk bereiste.
- Zuletzt war es üblich geworden, dass im Landestheater nicht nur, wie bislang, Schauspiel- und Musikveranstaltungen stattfanden, sondern daneben auch Bunte Abende, die ein abwechslungsreiches Programm boten. Hier hatten auch die neu engagierten Künstler Gelegenheit, sich dem Allensteiner Publikum vorzustellen. Elisabeth Rose sang aus diesem Anlass am 22., 25. und 29 August die Arie der Leonore aus dem Troubadour. Mit dieser Rolle debütierte sie dann am 2. September offiziell.
Die Zeitungsberichte über den Bunten Abend und die Eröffnungsvorstellung lassen mit keinem Wort erkennen, dass Krieg herrschte oder gar, dass die Lage bedrohlich zu werden begann. Ein heutiger Leser sucht nach solchen Hinweisen, damals aber war man froh, wenn man für einige Stunden die Sorgen vergessen konnte. Die bedrückenden Meldungen (Entwicklungen an der Front; Todesanzeigen gefallener Soldaten) waren in der Allensteiner Zeitung an anderer Stelle ohnehin zu lesen.
Allensteiner Zeitung vom 24. August 1943
(Stadtgemeinschaft Allenstein, Gelsenkirchen)
Auch die Prospekte des Theaters vermitteln den Eindruck der Normalität. Sie sind zwar etwas spärlicher ausgestaltet als noch vor wenigen Jahren, könnten aber auch in normaleren Zeiten geschrieben worden sein. Lediglich ein Theaterzettel aus dem Januar 1944, der die Besetzung der neu einstudierten Zauberflöte enthält, fällt aus dem Rahmen: Er ist mit Schreibmaschine geschrieben und nicht gedruckt. Allerdings ist auch denkbar, dass es sich hier um ein theaterinternes Schriftstück handelt.
Elisabeth Rose hat in Allenstein offensichtlich zwei große Rollen übernommen, die der Leonore im Troubadour und der Pamina in der Zauberflöte. In der Verdi-Oper ist sie etwa 20 Mal aufgetreten (Die Programmgestaltung für Februar 1944 und nach April 1944 ist nicht bekannt) und in der Zauberflöte, die erst Ende Januar Premiere hatte, etwa sechsmal. Weitere Rollen waren die Mutter (Hänsel und Gretel), Eurydike (Orpheus und Eurydike) und Saffi (Der Zigeunerbaron). Daneben dürfte sie bei weiteren Bunten Abenden mitgewirkt haben ebenso wie beim Opern-, Operetten- und Ballettabend zu Silvester 1943. (s. auch den Artikel "Erinnerung an die Sopranistin Elisabeth Rose" von Horst Kolberg im Allensteiner Heimatbrief 239. 2005. S. 29f.)