Luisenhöh

Eine sehr willkommene Erscheinung im Sommer 1899 war das unter der Direktion von Emil Hannemann im Saale von Luisenhöh neu erstandene Theater, das . . . am 21. Juni seine Pforten mit dem Schwank "Die beiden Champignols" von Feydeau und Desvallières eröffnete und das leichtere, wie ernstere Genre kultivirte. Es wurden Stücke wie "Der Staar" von Hermann Bahr, "Therese Raquin" von Emile Zola mit Meta Illing-Merzbach als Gast, die Schwänke "Mamsell Tourbillon" von Kraatz uznd Stobitzer, "Sein Trick", die Operette "Madame Suzette" von E. Audran und Ähnliches gegeben und es fand ein Publikum, dessen Interesse sehr lebhaft war und mit seinem Beifall nicht kargte (Moser 192f.)

Als das Sommertheater Luisenhöh in den Mittelhufen im Juni 1899 (allerdings am 2. Juni, nicht am 21., wie Moser irrtümlich schreibt) seinen Spielbetrieb aufnahm, war der Startschuss für das bedeutendste Königsberger Sommertheater gegeben, zugleich für das folgenreichste.

Neuer Theater-Almanach 1900 (Spielzeit 1899)

Direktor war Emil Hannemann, in Königsberg kein Unbekannter; er hatte schon 1893 und 1894 das Schützenhaus-Theater geleitet. Hannemann stammte aus Berlin, wo er 1852 geboren war. Er war verheiratet mit der Schauspielerin Ludmilla Hannemann, die ihn künstlerisch eng begleitete und – um dies vorwegzunehmen – seine Nachfolgerin am Stadttheater Tilsit wurde, als er dort 1904 als Direktor abtrat. Aus der Künstlerehe ging Käthe Hannemann (*31.5.1881) hervor; sie trat mit 12 Jahren als Käthchen Hannemann 1893 zum ersten Mal am Schützenhaus-Theater in Königsberg auf, war 1899 am Kölner Stadttheater engagiert und spielte gleich in der ersten Saison in Luisenhöh. Käthe Hannemann machte anschließend Karriere in Berlin und kam mehrfach als gefeierter Gast nach Memel. Hannemann ließ auch seine beiden Kinder Ludchen und Mica in Kinderrollen am Vereinigten Stadttheater Tilsit/Memel auftreten (1897/98).

Hannemann war vielseitig tätig: Aus ostpreußischer Sicht ist vor allem sein Wirken am Stadttheater Tilsit/Memel von 1890/91 bis 1903/04 von Belang. Daneben leitete er – über Strecken gleichzeitig – das Stadttheater in Freiberg/Sachsen, das Sommertheater Liegnitz und das Elysium-Sommertheater in Stettin.

In Luisenhöh war schon früher einmal Theater gespielt worden, nämlich 1877 unter der Bezeichnung "Villa Albrechtshöh-Theater". Dies scheint aber nur eine Episode gewesen zu sein.

In Luisenhöh wurden Schauspiele, Lustspiele, Possen und Operetten gegeben; nicht diese Mischung allerdings, die man so schon von anderen Königsberger Sommertheatern kannte, sondern die Qualität der Aufführungen und das relativ große Gewicht der Operetten machten das Theater zu einem publikumswirksamen Anziehungspunkt. Es wurde noch selbstverständlicher – vor allem an den Wochenenden –, zu den Middelhufen hinauszufahren und dort Zerstreuung zu suchen.

Das Repertoire (unvollständig):

  • 1899: Die beiden Champignols; Sein Trick; Nr. 17; Mamselle Tourbillon; Gymnasialdirektor; Schiddebold's Engel; Busch und Reichenbach; Löwenbraut; Mutter Thiele; Therese Raquin; Aschermittwoch; Der Star; Lustspielfirma; Madame Suzette
  • 1900: Puppe; Geisha; Dame vom Maxim; Platz den Frauen; Kiwito
  • 1901: Leontinens Ehemänner; Liebesprobe; Hochzeitsfreuden; Macht der Finsternis; Goldene Brücke; Im Exil; Achmüller sein Recht; Lumpengesindel; Momentaufnahmen; Weltstadtfieber; etc.
    Am 11. Juli kam des zur Königsberger Erstaufführung der "Weber" von Hauptmann, zunächst als Sonderveranstaltung für den Ende April 1901 gegründeten Goethebund, tags darauf auch öffentlich. Dem etablierten Königsberger Stadttheater hatte der Mut gefehlt, das heftig umstrittene Stück selbst ins Programm zu nehmen.
  • 1902: Kleinen Michu; Dame aus Trouville; Rothe Kosack; Hoffnung auf Segen; Frauen von heute; Einquartierung; Schwarze Schäflein; Einberufung; Japanische Vase
  • 1903: Lutti; Unnatürliche Sohn; Fliege

Die Personalentwicklung:

  • 1899: Ens 17/17; Orch 18; Ch 8/8
  • 1900: Ens 15/16; Orch 18; Ch 9/9
  • 1901: Ens 18/18; Orch ?; Ch ?
  • 1902: Ens 15/15; Orch ?; Ch 10/10
  • 1903: Ens 15/17; Orch Kapelle des Samländischen Pionier-Batallons; Ch 10/10

Mit der Sommerspielzeit 1904 übernahm Martin Klein das Theater und führte es unter dem Namen Luisentheater fort.