Ernst Otto Nodnagel: Vita

In Anlehnung an ein 1910 gedrucktes, gekürzt im Nachlass aufbewahrtes Familienbuch folgen hier an Stelle eines längeren Abrisses einige fast wörtlich übernommene Angaben zu Nodnagels Lebensgeschichte.

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Ernst Otto Nodnagel wurde am 16.5.1870 in Dortmund geboren, besuchte die Gymnasien zu Darmstadt und Gießen und studierte 1888–90 Rechtswissenschaften in Gießen und Heidelberg, dann Musik an der Musikhochschule Berlin, wurde Lehrer und stellvertretender Direktor des Sternschen Konservatoriums Berlin und daselbst Mitarbeiter der Allgemeinen Musikzeitung, des Berliner Börsen-Couriers und der Täglichen Rundschau, Musikdirektor in Stallupönen, 1899 bis 1903 in Königsberg Zeitungsredakteur sowie Lehrer am Konservatorium und lebte zuletzt als Schriftsteller und Gesangslehrer in Berlin. Hier starb er am 25.3.1909 an den Spätfolgen einer Syphilis.

Er veröffentlichte an größeren Schriften:

  • Jenseits von Wagner und Liszt,
  • Versimpelung der Musikkritik,
  • Käthe Elsinger,
  • Stimmbildung und Staat,
  • ferner eine Anzahl Musik- und Opernführer,

Einführungen zu

  • Max von Schillings’ Opern Ingwelde und Pfeifertag
  • Arnold Mendelssohns Elsi, die seltsame Magd
  • Gustav Mahlers Symphonien

sowie Beiträge in den Zeitschriften Musikalisches Wochenblatt, Die Stimme, Die Musik und anderen Musikzeitungen.

Seine zahlreichen Kompositionen, meist Lieder mit Klavier oder Orchesterbegleitung, sind erschienen bei Reinh. Müller-Marburg, Verlag der Ostpr. Zeitungs- und Verlags-Druckerei-Königsberg, Verlag Dreililien-Berlin, Herm. Seemann-Leipzig, Harmonie-Berlin u. a. Durch nachdrückliches Eintreten und eigene Liederabende für Hugo Wolf und Arnold Mendelssohn lenkte er die Aufmerksamkeit der Musikwelt auf diese damals noch wenig gekannten Tondichter.

[Ergänzt wurde die letzlich tödliche Erkrankung sowie die Namen einer Zeitung und zweier Zeitschriften, für die Nodnagel Beiträge geschrieben hat. – Die erwähnte Lehrtätigkeit am Sternschen Konservatorium erstreckte sich auf die Fächer Klavier und Streichorchester. – HDM.]

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Diese biografische Skizze wurde ein Jahr nach dem Tode Nodnagels geschrieben. Hinsichtlich Gustav Mahlers erwähnt sie zwar, dass er Einführungen zu dessen Symphonien geschrieben hat, nicht jedoch, dass sein Verdienst an der Verbreitung des Mahlerschen Werks ganz erheblich ist. Heute liest man in Programmzetteln anlässlich der Aufführung von Mahler-Symphonien gelegentlich Nodnagels Dictum: "Strauss hat die Gegenwart, Mahler gehört die Zukunft."

Es versteht sich, dass das Verhältnis zwischen Mahler und Nodnagel, zwei ungewöhnlich komplizierten – um nicht zu sagen: schwierigen – Charakteren, konfliktbeladen war. Beim Abbruch der Beziehungen dankte Mahler Nodnagel zwar für seine Unterstützung (mehrere unveröffentlichte Briefe Mahlers in Nodnagels Nachlass), sprach aber gelegentlich vom "unvermeidlichen" Nodnagel, wenn wieder einmal eine Passage aus dessen Einführung zu einer Symphonie angeführt wurde, der er so nicht zustimmen mochte – vor allem wegen der der Musik unterlegten Programmatik, die er zunehmend kritischer sah. Mahlers Meinung, Nodnagel sei zu enthusiastisch, mag zutreffen, seine Einschätzung, er sei intellektuell zu beschränkt, ganz gewiss nicht.