Kritiken Kabarett

Einführung / Übersicht

Die Geburtsstunde des deutschen Kabaretts ist der 18. Januar 1901, als Ernst von Wolzogen mit seinem künstlerischen Varieté „Überbrettl – Buntes Theater“ die erste Vorstellung am Berliner Alexanderplatz gab. Die Idee lag in der Luft: In kurzer Zeit kam es zur Gründung weiterer Kabaretts, etwa in Berlin „Schall und Rauch“ (Frühjahr 1901, Schwerpunkt Theaterparodien, beteiligt u.a. Max Reinhardt, Christian Morgenstern) und in München „Die elf Scharfrichter“ (13. April 1901, politisches Kabarett, angeregt durch Otto Julius Bierbaum, unter den Mitwirkenden Frank Wedekind).

Der Erfolg war enorm: Die Vorstellungen des Überbrettls waren ausverkauft; die Nachfrage aus dem übrigen Reichsgebiet veranlasste Wolzogen zu ausgiebigen Tourneen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass sich mehrere Teilensembles bildeten, eines unter Wolzogen, das andere unter Hanns Heinz Ewers, der auf Anregung Wolzogens von Beginn an dabei war und von April 1901 als „künstlerischer Leiter“ fungierte.

Ewers trennte sich im Sommer 1901 von Wolzogen und reiste mit seiner Neugründung „Überbrettl – Modernes Theater“ über Land. Als die Ewers-Truppe im Oktober 1901 Königsberg besuchte und dort mehrere Auftritte hatte, war das Verhältnis zwischen Wolzogen und Ewers zerrrüttet; Insider wussten die Details. Einer dieser Informierten war Nodnagel, der bei einem Wolzogen-Gastspiel in Köln den musikalischen Leiter Oskar Straus vertreten hatte und die Interna deshalb kannte. Der Konflikt entzündete sich immer wieder daran, dass Ewers literarische, musikalische und aufführungspraktische Meriten beanspruchte, die die Kerntruppe um Wolzogen für sich reklamierte.

Hier vor allem setzte Nodnagel mit seinen Kritiken an, in denen er Ewers des Plagiats bezichtigte. Ewers war so mutig – oder unklug –, hierauf in mehreren Leserbriefen zu reagieren, die wiederum Nodnagel den Aufhänger für eine Replik lieferten. Die publizistisch-taktischen Chancen waren ungleich verteilt, weil Nodnagel die Gelegenheit nutzte, mehrfach nachzulegen und auch das Schlusswort behielt. – Mehrere Beiträge der Redaktionsleitung der Ostpreußschen Zeitung verdeutlichen, dass Nodnagel aus ihrer Sicht eine sehr pointierte Sicht der Dinge vertreten hatte.

Die Kritiken und Leserbriefe lassen einen Blick in die Frühgeschichte des deutschen Kabaretts zu und beleuchten damit ein Kapitel, das in der bisherigen Literatur noch nicht detailliert beschrieben wurde. – Hintergrundinformationen, insbesondere über die beteiligten Personen, sind den Kritiken als Fußnoten beigefügt.

Wolzogen übernahm sich wirtschaftlich und musste sein „Überbrettl“ 1902 an eine Theatergesellschaft abtreten. In diesen Monaten reiste er noch einmal durch mehrere deutsche Städte und gab Ostern 1902 vier Vorstellungen im Neuen Theater Julchenthal in Königsberg. Hierüber liegt noch eine Kritik Nodnagels vor.

Udel-Quartett

Ewers: Überbrettl - ModernesTheater

Wolzogen: Überbrettl - Buntes Theater